Großzügig und authentisch, „niggelig“ und schelmisch
Die kleine Schar der am runden Tisch in der Villa Plange Versammelten war sich einig: Es ist schon etwas sehr Außergewöhnliches, wenn ein Mensch 180 000 Euro aus seinem Privatvermögen für eine wohltätige Stiftung zur Verfügung stellt.
Großelohmann, WA, 10.7.14
Das hat Dr. Ernst Grafe, Warsteiner Urgestein mit Herz und Seele, zu Gunsten des Gymnasiums getan. Landrätin Eva Irrgang zeichnete ihn dafür gestern morgen im Namen von Bundespräsident Joachim Gauck mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland aus. Dies sei viel zu viel Aufhebens, befand der agile 86-Jährige, freute sich viel mehr darüber, augenzwinkernd sein Licht unter den Scheffel zu stellen, gleichzeitig aber ein paar Geschichten aus alten Zeiten zum Besten zu geben – genauso wie die Warsteiner ihren „Tuka“ jeden Tag in der Stadt erleben können.
Werner Humbeck, Leiter des Warsteiner Gymnasium, hatte die Ehrung vorgeschlagen. Nicht nur, weil die 2006 eingerichtete und seither mehrfach aufgestockte Stiftung für die naturwissenschaftliche und musikalische Ausbildung der Schülerinnen und Schüler erhebliche zusätzliche Mittel verschafft, sondern auch, weil Dr. Grafe sich persönlich stark engagiert – im Unterricht, bei Fahrten, bei Konzerten oder auch bei Projekten wie „Jugend forscht“. Humbeck hob besonders die Rolle Dr. Grafes im Geschichtsunterricht hervor. Hier seien seine authentischen Berichte – unter anderem aus der Kriegszeit – eine wertvolle Ergänzung des Unterrichts geworden.
Eine Kostprobe dieser spannenden historischen Schilderungen hatte Dr. Grafe natürlich dabei – und legte Landrätin und Bürgermeister dazu seinen alten Wehrpass vor. Als 16-jähriger Flak-Helfer erlebte er die Endphase des 2. Weltkrieges unter anderem am Diemelsee und in Soest, wo er sich gut an den Luftangriff vom Vorabend des Nikolaustages 1944 erinnert. Der Zahnarztsohn wurde ins Süddeutsche verlegt. Als er dort mit seinen Klassenkameraden die Auflösungserscheinungen mitbekam, den jungen Leuten gleichzeitig Panzerfäuste zur Verteidigung in die Hand gedrückt wurden, machte er sich bei Nacht und Nebel mutig auf und davon und erlebte das Kriegsende auf einer Almhütte.
Voll des Lobes über Dr. Grafe zeigte sich auch Manfred Gödde, auch wenn Warsteins Bürgermeister zuweilen die „Niggeligkeiten“ des an der Entwicklung seiner Heimatstadt nach wie vor hoch interessierten „Tuka“ zu spüren bekommt. Oft schaue dieser im Bürgermeisterbüro im Rathaus vorbei. Und „samstags geht er in die katholische Kirche, und zwar zum Beichten, damit er sonntags bei den anderen die Messe spielen kann.“
Musik ist eine der großen Leidenschaften des Geehrten, darunter auch die Kupferhammerkonzerte, das Filmen und Aufnehmen ebenfalls. Hier unterstützt er viele heimische Vereine und besonders das Gymnasium. Seine cineastische Begeisterung gibt „Tuka“ dabei auch gern an Gymnasiasten weiter.
Am Ende strahlte der Ausgezeichnete vor kleiner Runde aber doch gern in die Kamera und nutzte die Gelegenheit, ein Plädoyer für seine Heimatstadt zu halten. Er sei an Wäster und Bullerteich groß geworden „Da bin ich ab und zu reingefallen und habe eine wunderbare Kindheit erlebt.“ Nach Zahntechnikerausbildung und Studium übernahm er die väterliche Zahnarztpraxis und führte sie bis 1991. Bürgermeister Manfred Gödde erinnerte sich gern an die familiäre Atmosphäre bei den Grafens, die der Familie der gleichnamigen Bierstube entstammen. „Ganz Warstein freut sich über diese Auszeichnung, lieber Ernst“, sagte Manfred Gödde – und lobte, dass „Tuka“ täglich mit dem Rad unterwegs ist. „Ich bemühe mich, möglichst wenig CO² auszustoßen“, befand der Geehrte schelmisch.
Steter Einsatz für Warsteiner Bürger belohnt
A. Kappler, WP, 10.7.14
Für seinen ehrenamtliches Wirken vor allem im sozialen Bereich wurde der 86-jährige DR. Ernst Grafe von Landrätin Eva Irrgang mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
„Ich geh zu Grafen Tuka.“ Bis 1991 war das ein Hinweis, den alle Warsteiner verstanden: Da hatte jemand einen Termin bei Zahnarzt Dr. Ernst Grafe. Nach 1991 empfing der Dentist zwar keine schmerzgeplagten Patienten mehr, doch sein engagierter Einsatz zugunsten der Warsteiner Bürger wurde noch intensiver. Für seinen ehrenamtliches Wirken vor allem im sozialen Bereich wurde der 86-jährige Ernst Grafe gestern von Landrätin Eva Irrgang mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Landrätin Eva Irrgang würdigte in ihrer Laudatio die Verdienste des Warsteiners, der sich seit Jahrzehnten als uneigennütziger Förderer für zahllose schulische, kulturelle und soziale Projekte in Warstein einsetzt und als naturwissenschaftlich begeisterter und musikalisch versierter Bürger Schüler des Gymnasiums sowie Kulturvereinigungen ideell und materiell unterstützt.
Das wurde 2006 deutlich, als der neue Ordensträger die Dr.-Ernst-Grafe-Stiftung gründete. Mit ihrer Hilfe werden etwa die „Bläserklassen“ gefördert, Jugendliche können an diversen naturwissenschaftlichen Wettbewerben teilnehmen, Exkursionen und Visiten werden gesponsert, Material für den Unterricht erworben und das Musikschulorchester unterstützt – es ist eine beeindruckende Projekt-Fülle, die sich die Stiftung auf die Fahnen schreiben kann.
Engagement für Trinkwasser
Im Rahmen der Ordensvergabe in der Villa Plange kündigte Dr. Ernst Grafe an, dass das Stiftungskapital auf 180 000 Euro aufgestockt wird. Ganz deutlich wurde auch, wie sehr der Jubilar den Gedankenaustausch mit Lehrerschaft und Schulgemeinschaft schätzt. So begleitete er 2012 die Schulfahrt nach Auschwitz. „An dieser Fahrt nahm auch Ministerin Silvia Löhrmann teil“, führt die Landrätin aus und musste dann kurz unterbrechen. Denn mit einem „Mit der habe ich damals gefrühstückt“, brachte der Jubilar seine persönliche Sicht der Dinge in die kleine Feierstunde ein.
Seine Liebe zu Warstein beschränkt Dr. Ernst Grafe nicht nur auf den kulturellen Sektor: Der begeisterte Fahrradfahrer („Ich möchte möglichst wenig CO2 produzieren“) engagiert sich auch in der Initiative Trinkwasser Warstein.
In seinen humorvollen Dankesworten schilderte der Warsteiner, was ihm durch den Kopf ging, als er im März Post von der Landrätin erhielt: „Habe ich irgendwas verbrochen, bin ich zu schnell gefahren?“ Dann dauerte es noch einmal 30 Minuten, bis er den Brief öffnete.
Leben in Warstein genießen
Wie sehr er das Leben mit den Warsteinern genießt, wie sehr ihm deren Wohl am Herzen liegt, das alles wurde in seinen Erinnerungen offenbar, mit denen er seine Zuhörer geradezu unterhielt, so launig, so interessant, aber auch so eindrücklich stellte er seinen Lebensweg vor: „Ich hänge an Warstein, ich bin Poalbürger durch und durch.“