Schüler füllen Städtepartnerschaft mit Leben
25 junge St. Poler seit Freitag zu Gast. Warsteiner Gymnasium strebt Zertifizierung als Europaschule an
Europa lebt – diesen Eindruck bekommt man auf jeden Fall, wenn man sich den Schüleraustausch zwischen dem Gymnasium in Warstein und der Lycée Albert Châtelet in St. Pol sur Ternoise ansieht. 25 junge Franzosen sind derzeit in der Wästerstadt zu Gast. Einerseits sollen sie das Leben in der deutschen Partnerstadt und in der Umgebung kennenlernen, gleichzeitig aber auch Freundschaften knüpfen, um die über 50 Jahre andauernde „Jumelage“ auch weiterhin mit Leben zu füllen.
Am Freitagabend sind die 25 Schüler mit ihren betreuenden Lehrern in Warstein angekommen. Während letztere bei ihren deutschen Kollegen wohnen, sind die Schüler in Gastfamilien untergebracht. Die meisten der Schüler, die zwischen 15 und 17 Jahren alt sind, besuchen Warstein zum ersten Mal, einige waren jedoch schon im vergangenen Frühjahr hier zu Gast.
Fremd sind sich die Warsteiner und St. Poler Schüler dennoch nicht. „Zehn Tage vor der Abfahrt bekommen unsere Schüler die EMail- Adressen der Schüler, bei denen sie untergebracht sind. Per Mail oder Facebook können sie sich dann vorher schon einmal unterhalten und so etwas kennenlernen“, erklärt Französisch-Lehrerin Cathrin Doriath, die die französischen Gymnasiasten zusammen mit ihren beiden Geschichts-Kollegen begleitet. Seit vielen Jahren ist Cathrin Doriath bei den Schüleraustauschen involviert, hat so den jungen Franzosen auch eine Ahnung von Europa vermittelt. „Die Schüler haben dieses Gefühl für Europa so zunächst gar nicht, das entwickelt sich erst. Aber das Thema wird interessant, wenn sich dann Freundschaften zwischen den Schülern der beiden Schulen entwickeln.“
Lange Tradition bewahren
Dem kann Andreas Burger, der sich zusammen mit Kollegin Barbara Marx von Seiten des Gymnasiums um die Programmgestaltung und Betreuung kümmert, nur zustimmen. „Ich bin froh, dass dieser Austausch jetzt stattfindet, das hat schließlich eine lange Tradition an unserer Schule.“ Erleichtert, dass 25 Schüler aus St. Pol den Weg nach Warstein gefunden haben, ist er auch deshalb, da die Warsteiner Gymnasiasten im Herbst 2016 nicht nach Frankreich gefahren sind – es hatten sich zu wenig Jugendliche gemeldet, die die französische Partnerstadt kennenlernen wollten.
„Auch in Hinblick auf Europa ist es wichtig, dass diese Schüleraustausche stattfinden. Gerade, wenn man sieht, wie die Populisten Oberwasser bekommen. Es ist wichtig, dass unsere Schüler auch eine andere Sicht bekommen.“
Schüler beleben die Freundschaft
Dass die Begegnung, vor allem eben auch die gegenseitigen Schülerbesuche, ein Garant für das Fortbestehen der Städtepartnerschaft sind, betont auch Bernd Belecke, Schulleiter des Warsteiner Gymnasiums. „Ich bin mir sicher, dass ihr schon einen guten Eindruck von eurer Partnerstadt Warstein gewinnen konntet“, erklärte er am Montag in seiner Begrüßung der französischen Gäste.
Auch für ihn kommt Europa eine wichtige Rolle zu. „Der europäische Einigungsprozess, die schrittweise Entwicklung der Europäischen Union, hat sehr viel dazu beigetragen, dass nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges unter anderem unsere Städtepartnerschaft und damit die Freundschaft zwischen den Menschen aus St. Pol und Warstein sich so gut entwickeln konnte.“
Am Warsteiner Gymnasium werde der europäische Gedanke hoch gehalten. „Wir streben deshalb das Zertifikat Europaschule an, um unsere europäische Ausrichtung auch nach außen kund zu tun.“ Er hoffe daher auch, dass im Herbst wieder ein Bus mit Warsteiner Schülern gen St. Pol fährt, die dort ihre neuen Freunde besuchen und die Städtepartnerschaft beleben.
„Wir senden ein Zeichen, dass Warstein für offenes Europa steht“
Wie die Stadt im Kleinen Außenpolitik betreibt
Die Schulen, insbesondere das Gymnasium, gehörten zu den ersten, die die frisch gegründete Städtepartnerschaft zwischen Warstein und St. Pol nach 1964 mit Leben füllten, betont Birgit Wüllner, Vorsitzende der Warsteiner Europafreunde. In der Ratssitzung am Montag gab sie einen Überblick über die Situation der Städtepartnerschaften – gerade in Hinblick auf die aktuellen politischen Entwicklungen in Europa.
„Städtepartnerschaften sind eine ureigene politische Angelegenheit“, sagte Wüllner, „sie sind so etwas wie die außenpolitischen Beziehungen einer Gemeinde.“ Schließlich seien die Städte – und nicht die Partnerschaftsvereine – Vertragspartner. Die Vorsitzende der Warsteiner Europafreunde appellierte daher an die Ratsmitglieder, auch künftig ein Budget für die internationalen Beziehungen im Haushalt bereitzustellen. Ein zweiter Appell war ihr fast noch wichtiger: Sie rief die Lokalpolitiker zu einer aktiven Teilnahme an Projekten der Europafreunde auf – „als Zeichen der Verbundenheit zu unseren Partnerstädten“.
Pro-europäische Haltung stärken Wüllner ist überzeugt, dass die Unterstützung der Städtepartnerschaften einzelne Bürger in ihrer pro-europäischen Haltung bestärken kann. „Wir senden damit ein Zeichen in die Gesellschaft, dass Warstein für ein offenes Europa steht.“ Die Schulen sollen dabei auch in Zukunft ein wichtiges Standbein bleiben.