"Geistesblitze" in der Brauerei
Die Warsteiner Brauerei, sie war das Ziel von 26 Schülerinnen und Schülern der Stufe 10 des Gymnasiums, inspiriert von dem Projekt Geistesblitze. Dieses wurde im Rahmen des Wissenschaftsjahres 2009 vom Stifterverband der deutschen Wissenschaft ausgerichtet. Geistesblitze im Sinne dieser Initiative sind Ideen, Erfindungen oder Erfinder, Innovationen, interessante Orte der Forschung oder die Produktentwicklung in einer Region.
Der besondere Werdegang, den die Warsteiner Brauerei im Laufe von 250 Jahren durchlaufen hat, um ihr Bier stetig qualitativ zu verbessern und neueste umwelt- und ressourcenschonende Technologien mit einzubinden, war ein bedeutender Grund für die Schülerinnen und Schüler sich dieses Unternehmen auszusuchen. Natürlich nicht weniger erheblich war die Erkenntnis, welche Wichtigkeit dieses Unternehmen für unsere Stadt hat.
In einer speziell für das Projekt Geistesblitze durchgeführten Brauereibesichtigung konnten sich die Schülerinnen und Schüler davon überzeugen, mit wie viel Sorgfalt in Warstein Bier gebraut wird, und welche hochmodernen technischen Anlagen dazu erforderlich sind, um beim Bierbrauen keinen noch so kleinen Teilschritt in der Produktion dem Zufall zu überlassen. So schaffen es die Brauer durch eine ausgeklügelte Prozessführung und unter Einhaltung des Reinheitsgebotes dafür zu sorgen, dass das Warsteiner Bier, trotz witterungsbedingter Schwankungen in der Zusammensetzung der Naturprodukte Hopfen und Braugerste, ständig die gleiche hohe Qualität aufweist.
Die Ergebnisse wurden dann in einer umfassenden Präsentation dargestellt und werden auf der Schulhomepage (www.gymnasium-warstein.de) präsentiert.
Das Abenteuer startet....
Nach unserer Ankunft und Begrüßung durch den Geschäftsführer Technik, Peter Himmelsbach, im Sudhaus, das mit einem Steuerpult à la Star Trek den ersten bleibenden Eindruck erweckte, teilten wir uns in zwei Gruppen auf, um die Abteilungen der Brauerei intensiver erforschen zu können. Heinrich Bollmann, Leiter des analytischen Labors, und Frank Homann, Leiter Qualitätsmanagement, begleiteten uns auf unserer Reise durch die Welt des Bieres.
Erste Station war das sogenannte Wasserhaus. Hier wird das aus eigenen Quellen stammende Wasser aufbereitet und zeitgleich kontrolliert.
Mehr als die Hälfte der insgesamt 1.100.000 Kubikmeter Wasser, die die Brauerei pro Jahr benötigt werden aus eigenen Quellen, dabei auch aus der berühmten Kaiserquelle, gewonnen und hier aus Sicherheitsgründen zweistufig filtriert. Nach der konventionellen Filterung über zwei Kies-Kohle Filter erfolgt eine zusätzliche Filtration unter Einwirkung von Ozon. Das durch elektrische Entladung aus Luftsauerstoff hergestellte Ozon wirkt als Oxidationsmittel und führt dazu, dass auch allerkleinste Partikel abfiltriert werden können. Ozon ist das umweltfreundlichste Oxidationsmittel, da es nach seiner Verwendung wieder in neutrale Sauerstoffmoleküle zerfällt.
Da Wasser einer der wichtigsten Rohstoffe für ein gutes Bier ist, werden in regelmäßigen Abständen nicht nur die allgemeinen Qualitätsparameter wie Karbonathärte, pH-Wert usw. sondern auch Umweltschadstoffe wie Schwermetalle und organische Aromatenverbindungen analysiert. Zudem erfolgt eine kontinuierliche Überwachung der Wasserqualität mit Hilfe eines Daphnien-Toximeters. Hier werden kleine Wasserflöhe, die in einem „Mini-Aquarium“ schwimmen, gefilmt und deren Bewegungen im Wasser durch ein Bildbearbeitungsprogramm ausgewertet. Unregelmäßigkeiten der Schwimmbewegungen führen dazu, dass eine Alarmmeldung die gesamte Wassergewinnung stoppt.
Das ganze Wasser für die Brauerei wird in riesigen, unterirdischen Wasser-Reserven bevorratet. Hierfür stehen sieben Speicher mit insgesamt 21.000 Kubikmeter Inhalt zur Verfügung. Die regelmäßige Reinigung dieser großen Behälter erfolgt, nach alter Brauer Manier, auch heute noch von Hand.
Bevor das Wasser aus den großen Wasserspeichern zum Bier brauen verwendet wird, erfolgt unmittelbar vor dem Verbrauch nochmals eine Filtration über Aktivkohlefilter. Damit wird sicher gestellt, dass eventuell nachträglich eingebrachte Verunreinigungen (z.B. aus der Luft) entfernt werden.
Unsere nächste Station war die Anlieferung des Leergutes. Das Leergut wird im Gegensatz zum Vollgut auch auf dem Hof gelagert. Für die Vorsortierung in Flaschen von Warsteiner und andere Biersorten kommt die Sortieranlage zum Zuge. Diese sortiert automatisch nach Einweg, Mehrweg, Farbe, Höhe und Durchmesser. Die Schnelligkeit und Effizienz der Anlage war einer der Höhepunkte unserer Führung. Die Flaschen anderer Brauereien werden getauscht. Dies ist durch die gute Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Brauereien möglich und ist umweltfreundlich, da diese Flaschen nicht in den Recyclingprozess zurückgeführt werden müssen. Die Flaschen, die wieder verwendet werden können, werden in riesigen Spülmaschinen mit mehr als zehn Waschgängen gereinigt und sterilisiert. Der letzte Schritt ist ein mehrmaliges Ausspülen der Flaschen mit frischem Wasser. Vor dem Abfüllen überprüft ein Flascheninspektor mit neun Hochleistungskameras bei einer Geschwindigkeit von 55.000 Flaschen pro Stunde jede einzelne Flasche auf Unreinheiten, eventuell verbliebene Flüssigkeitsreste aus der Reinigungsmaschine und materielle Mängel. Auch die Fässer und Kegs können nach mehreren Reinigungsgängen wieder befüllt werden. Das Lebensmitteluntersuchungsamt überprüft die Hygiene in der Brauerei stichprobenartig. Bisher gab es, wie uns Homann stolz erklärte, noch keinerlei Beanstandungen. Die Warsteiner Brauerei verfügt bereits seit 2006 über ein Lebensmittelsicherheits-Management-System und war weltweit die erste Brauerei, die nach DIN ISO 22000:2005 zertifiziert wurde.
Das Abenteuer ging weiter....
Nachdem wir soviel über Flaschen gesprochen hatten, wollten wir nun endlich zum Wesentlichen kommen: Die Entstehung des Bieres.
Qualitätssicherungsmitarbeiter Bollmann erklärte uns, dass die gereinigten und sortierten Braugerstenkörner nach der Ernte in der Mälzerei zunächst eingeweicht werden, wodurch das Keimen eben dieser beginnt. Während der Keimung bilden sich natürliche Enzyme, die zur Freilegung und späteren Verzuckerung der im Korn enthaltenen Gerstenstärke benötigt werden. Die angekeimten Getreidekörner (Grünmalz) werden anschließend getrocknet, um Gerstenmalz entstehen zu lassen. Malz ist ein wesentlicher Rohstoff für Bier. Das Malz wird in der Brauerei per LKW oder Bahn angeliefert. Vor dem Abladen wird die Qualität des Malzes im eigenen Malzlabor kontrolliert. Erst das freigegebene Malz wird in die großen Malzsilos eingelagert und passiert auf dem Weg nach oben die Annahmewaage und die Malzputze bevor es ins Silo fällt. Zum Brauen wird das Malz unten aus den Silos entnommen und wieder nach oben befördert. Dabei durchläuft es die Steinausleser, die Entnahmewaage und die Malzkonditionierung, die die Malzkörner von außen mit Wasser besprüht um die Spelze, die harte Kornhaut, elastischer zu machen, bevor es in den Schrotmühlen zu Malzschrot gebrochen wird. Man gibt dann das Malzschrot zusammen mit 60 Grad warmem Brauwasser im Sudhaus in große Maischbottiche und erhitzt das Ganze stufenweise um weitere 15 Grad Celsius. Diese Temperaturen sorgen dafür, dass die im Malz enthaltene Stärke in Malzzucker umgewandelt wird. Da Malzzucker im Gegensatz zu Stärke wasserlöslich ist, entsteht jetzt eine zuckerhaltige Flüssigkeit, die der Brauer verzuckerte Maische nennt. Das Gemisch gelangt dann in den Läuterbottich, in dem die Flüssigkeit durch den fein geschlitzten Bottichboden abläuft und so von den unlöslichen Feststoffen (Trebern) getrennt wird.
Diese gesammelte so genannte Vorderwürze muss dann noch gekocht und mit Hopfenextrakt, der die Wertstoffe des Hopfens in höchster Konzentration enthält, versetzt werden, um die Bittere ins Bier zu bringen. Durch das Kochen wird auch Wasser verdampft und dadurch die Stammwürze des Bieres eingestellt, die über den späteren Alkoholgehalt entscheidet. Der Wasserdampf wird aber nicht einfach in die Umwelt entlassen, sondern die darin enthaltene Energie wird durch sogenannte Brüdenverdichter zurück gewonnen und umwelt- und ressourcenschonend wieder in die Kochung gesteckt, was auch dazu führt, dass die Waldparkbrauerei gar nicht mehr riecht, wie herkömmliche Brauereien. Anschließend wird im Whirlpool die Würze von den beim Kochen ausgefallenen Eiweißen nach dem sogenannten Teetassenprinzip geklärt, wobei die Würze im Gefäß in Rotation versetzt wird und die Flocken sich in der Mitte des Gefäßes absetzen und abgezogen werden können. Diese klare heiße Würze wird dann, laut Bollmann, Ausschlagwürze genannt.
Bevor man die Hefe hinzugeben kann, um so den Gärprozess im Gärtank zu starten, muss die Würze gekühlt werden. Die Hefe ist übrigens ein einzelliger Pilz, der nicht nur den in der Würze enthaltenen Zucker in Alkohol und Kohlensäure vergärt, sondern auch über sogenannte Gärungsnebenprodukte dem Warsteiner sein ganz spezielles Aroma verleiht.
Zunächst wird, wie uns erklärt wurde, Sauerstoff in Form von steriler Luft zur Anstellwürze gegeben, damit sich die zugesetzte Hefe im Gärtank vermehren kann. Nachdem der Sauerstoff verbraucht wurde, setzt die Gärung ein, die etwa sechs Tage dauert. In 25 Meter hohen und 5000 Hektoliter fassenden Gärtanks entstehen aus dem Zucker Alkohol und Kohlensäure. Man nennt die Flüssigkeit nun Jungbier. Dieses wird nach beendeter Gärung über sogenannte Jungbierkühler in die Lagertanks geschlaucht, in denen das Bier bei minus 1,5 Grad Celsius rund zwei bis drei Wochen gelagert wird, wobei es reift und sich klärt. Endlich ist das Bier fertig. Es muss nun nur noch in einem dreistufigen Filterprozess blank filtriert werden, bevor es abgefüllt werden kann.
Jetzt ist das Bier zur Abfüllung bereit. Für die Flaschenabfüllung gibt es zwei Methoden:. Einmal die mechanische, bei der nach dem Rückgasprinzip der Gasausstrom aus der Flasche gestoppt wird, wenn sich die Flasche füllt. Des Weiteren nutzt man die elektronische Fülltechnik mit einzeln, über elektropneumatische Ventile regelbare Füllstellen. Dabei wird über eine während des Füllens in die Flasche eintauchende Sonde der Füllvorgang beendet, wenn die Flasche voll ist. Beide Systeme werden isobarische Fülltechnik genannt, bei der Bier über statischen Druck in die vorher auf denselben Druck vorgespannte Flasche gefüllt wird. Sonst wäre die Flasche nur voller Schaum.
Nachdem nun das Bier fertig und in Flaschen, Dosen oder Fässer abgefüllt wurde, wird es beispielsweise für den Export automatisch von modernsten Maschinen in unterschiedlichste Kartons verpackt. Danach stapeln Roboter diese Kartons auf Paletten. Diese Roboter schaffen zusammen 55.000 Flaschen oder Dosen je Stunde. Um sie nicht zu zerstören, tasten sich die Greifer über Drucksensoren in den langsam an die Kartons heran und heben sie dann auf Paletten. Ein ausgeklügeltes Lagersystem kümmert sich darum, dass keine Palette verloren geht und später auf den richtigen LKW bzw. Zug kommt. Über einen Aufkleber auf den Paletten und über die Chargennummern auf den Gebinden kann der ganze Prozess zurückverfolgt werden. Das Bier wird in über 60 Länder transportiert, in denen es die Menschen dann genießen.
Unser Tag endete dann in der neuen Warsteiner Welt, wo den Brauereibesuchern und unzähligen Touristen die Braukultur näher gebracht wird. Hier wurde uns der ganze Vorgang des Brauens nach der eigentlichen Brauereibesichtigung noch einmal sehr anschaulich im 360 Grad Kino, dem Rotarium, gezeigt. Dabei wurde deutlich, dass es der Brauerei sehr wichtig ist, nach dem Deutschen Reinheitsgebot von 1516, dem ältesten Lebensmittelgesetz überhaupt, zu brauen. Das heißt: Zum Brauen dürfen nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe benutzt werden.
Nun wissen wir Warsteiner endlich auch wie unser Warsteiner gemacht wird!
Ohne Zweifel hat sich das von Caspar Cramer im Jahr 1753 gegründete Familienunternehmen von einer kleinen Braustätte, die nur den lokalen Markt der Stadt Warstein belieferte, zu einer weltweit bekannten Brauerei entwickelt und so den Namen Warstein in aller Welt bekannt gemacht.
Von Kira Wohlmeiner, Christian Albers und Julia Lier